Deutschlands erste (Suborbital-) Raumfahrerin Sonja Rhode

Sonja Rhode
Foto: ich

Vor ein paar Tagen hatte ich Gelegenheit, Sonja Rhode zu treffen zu sehen. Sonja Rhode wird die erste deutsche Frau im All sein. 2010. Für fünf Minuten. Vielleicht.
Als Passagierin will sie mit dem SpaceShipTwo von Virgin Galactic ins All fliegen.

Anlass genug, um einen kurzen Blick auf eine potentielle Boom-Branche der nächsten Dekade zu werfen – dem Weltraumtourismus.

Gemeinhin stellt man sich unter Raumfahrern wagemutige Frauen und Männer vor, die sich im Auftrag der Wissenschaft ins All befördern lassen. Ich benutze hier den Begriff Raumfahrer, weil dieser sowohl Astronauten, Kosmonauten, Taikonauten und Angkasawan umfasst.

Noch bis vor wenigen Jahren war es ausschließlich Menschen im militärischem oder wissenschaftlichen Auftrag möglich, die Erde für einen Flug ins All zu verlassen. Nach der Definition der Fédération Aéronautique Internationale (FAI) beginnt der Weltraum in einer Höhe von 100 Kilometern über der Erde. Insgesamt gibt es nur 493 Menschen, die diese Grenze überschritten haben und sich Raumfahrer nennen dürfen. (Quelle: Wikipedia)

Per Anhalter durch die Galaxis um die Erde

Seit 2001 haben es aber sechs Menschen in den Weltraum geschafft, die weder einen militärischen noch wissenschaftlichen Hintergrund aufweisen können. Pionier unter diese Weltraumtouristen war der US-Amerikaner Dennis Tito, der 2001 als russischer Gast zur Internationalen Raumstation ISS flog. Auch der Südafrikaner Mark Shuttleworth, Gregory Olsen, Anousheh Ansari, Charles Simonyi und Richard Garriott (alle vier US-Bürger) flogen auf russischen Tickets zur ISS.

Für das exklusive Vergnügen legten die Amateur-Raumfahrer jeweils um die 20 Millionen US-Dollar auf den Tisch.

Dekade des Weltraumtourismus

So wie es aussieht, wird das nächste Jahrzehnt einen wahren Weltraumtrourismus-Boom bringen. Die Pläne sind ehrgeizig:

Mit Virgin Galactic, einer Firma des notorischen Serien-Gründers Richard Branson, geht einer der ersten Anbieter von Kurztrips ins All an den Start. Angeblich sind bereits 200 Flüge gebucht und bezahlt – zum immer noch stolzen Preis von 200.000 US-Dollar. Nach den Plänen von Virgin Galactic soll der Ticketpreis nach dem ersten Jahr im Regelbetrieb allerdings auf mehr oder weniger erschwingliche 20.000 US-Dollar fallen.

Geboten wird dafür ein zweieinhalb stündiger Flug mit der VSS Enterprise, einem SpaceShipTwo von Scaled Composites, bis auf eine Höhe von etwa 110 Kilometern. Der Flugverlauf hat es aber in sich:

Das Raumflugzeug soll von seinem Trägerflugzeug White Knight Two bis auf 15,2 km Höhe getragen und dort ausgeklinkt werden. Nach einem wenige Sekunden andauernden antriebslosen Flug zündet das Raketentriebwerk und beschleunigt das Flugzeug auf einer steil nach oben zeigenden Bahn innerhalb von 30 Sekunden bis auf Mach 3. Dabei wirken auf die Passagiere Kräfte bis zur 3,5-fachen Erdbeschleunigung ein. Nach etwa 2 Minuten und bei etwa 4.200 km/h wird das Triebwerk abgeschaltet.

Es folgt nun ein etwa vier bis fünf Minuten dauernder, schwereloser, suborbitaler Flug, bei dem SpaceShipTwo in einer ballistischen Kurve erst weiter aufsteigt und dann sinkt. Am höchsten Punkt liegt die Flugbahn etwa 110 km über der Erdoberfläche, in der Thermosphäre, wo die Krümmung der Erde erkennbar wird. Den Passagieren stehen dazu Bullaugen zwischen 33 und 43 cm Größe zur Verfügung.

Danach folgt ein knapp zwei Minuten dauerndes Bremsen des Sinkfluges in der „Feather-configuration“, einem definierten Trudeln, das durch Einklappen des Leitwerks bewirkt wird. Dabei wirken auf die Passagiere Beschleunigungen bis zu 6 g. Bei einer Höhe von 16.700 m werden die Flügel wieder gerade gestellt und das Flugzeug geht in einen Gleitflug über. Es landet 25 bis 50 Minuten später auf seinem Heimatflughafen.

Quelle: Wikipedia

Mit einem anderem Konzept und Zeitplan geht Jeff Bensons (der Amazon-Gründer) Blue Origin auf den sich entwickelnden Markt. Allerdings ist außer einem ersten kurzen Testflug des Protoypen Goddard im Jahre 2006 nicht viel über die Fortschritte bei der Entwicklung des Raumfahrzeuges bekannt. Daneben tummeln sich eine ganze Reihe kleiner Start-Ups aber auch der europäische Luft- und Raumfahrt Konzern EADSbestätigte vor zwei Jahren sein Engagement in diesem Bereich. Update: Hier wird das EADS-Projekt vorgestellt – inklusive nett animiertem Video.

Völlig abgehoben klingen die Pläne von Bigelow Aerospace. Das private Unternehmen eines amerikanischen Hoteliers will ein Weltraumhotel auf eine Erdumlaufbahn bringen. Ein erster Prototyp mit Motten und Schaben, die die Dichte der Hülle testen sollen, umkreist bereits unseren Planeten.

Es wird also viel Geld in die Entwicklung touristischer Raumfahrt investiert. Aber noch ist kein einziger Flug erfolgt, geschweige denn ein Mensch ins All gebracht worden. Auf der SpaceTransfer09 Pressekonferenz auf der Hannover Messe nannte Sonja Rhode als möglichen Starttermin das Ende des Jahres 2009. Das scheint allerdings eher Wunschdenken zu sein, denn Richard Branson sprach gegenüber der BBC vom ersten Testflug des Raumfahrzeugs in diesem Zeitraum. Darauf folge eine 18 monatige Testphase, in der man mehr Tests absolvieren wolle, als die Nasa Missionen durchgeführt habe. Das ist natürlich Unsinn. Aber damit ist klar, dass die ersten Flüge erst ab 2011 starten werden.

Sollte es keine katastrophalen Rückschläge geben, wird es in der nächsten Dekade für gut betuchte Touristen vielleicht tatsächlich selbstverständlich sein, einen Ausflug an die Grenze des Alls zu machen.

Vielleicht gönne ich mir dann auch mal so einen Flug. Als Geschenk zum Eintritt ins Rentenalter. Das wäre dann 2041 – bis dahin habe ich das nötige Kleingeld zusammen und die touristische Raumfahrt ist den Kinderschuhen entwachsen.

Veröffentlicht von Andreas

Andreas Schepers leitet die Kommunikation des Berliner Labors des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz, DFKI. Hier schreibt er privat über Dinge, die ihn interessieren: Astronauten, Pop, etc... und KI.

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