geht d.o.c.h. bitte

Langsam aber sicher nimmt die Vermarktungsmaschinerie der Plattenindustrie die deutschen Blogs wahr. Schon vor knapp einem Monat bekam ich (wie vermutlich dutzende andere Blogger, die mal einen Link zu einem Mp3 gepostet haben) eine Mail von ADD ON MUSIC promotion, mit dem Hinweis auf die bald bevorstehende Veröffentlichung der Debut-Single der Nachwuchsband d.o.c.h.:

Das erste Signing auf Fettes Brot Schallplatten ist der allerletzte Schrei in Sachen Punk Rock Ketzerei. Die top old boy group der hiesigen Hip Hop Musik hat die Berliner Power Pop Band d.o.c.h.! unter Vertrag genommen: Drei selbstbewusste junge Männer, die mit einem Masterplan und einer Kassette in der Altonaer Firmenzentrale aufschlugen und gleich angaben, wie eine Tüte Mücken:

“Wir haben nur ein Lied. Es ist das Beste der Welt. Besser wird es nicht. Los, macht uns zu Stars!!!“

Mit 17 1/2 ist man zu jung, mit beinahe 18 zu alt für das Rock and Roll Spektakel. doch! nutzen die Viertelstunde dazwischen um als strahlende Sternschnuppe am Pop Firmament aufzutauchen. I hope I die before I get old. Alles andere wäre eine Lüge. Bürgerlich. Angepasst. Dumm.

Nee, klar.

Da ich keine Lust habe, über Musik zu bloggen, die mich nicht interessiert, habe ich die Mail (wie die vielen anderen, die inzwischen von ADD ON gekommen sind), zwar gelesen aber nicht weiter beachtet.

Heute lese ich dann mit grossem Erstaunen den Artikel bei Felix – dem Mann, der überlicherweise mit Autos Opel-PKWs und nicht mit Musik bemustert wird – in dem er der Band empfiehlt Werbung im Bildblog zu schalten. Schöne Idee aber total überflüssig.

Denn die Aufmerksamkeit, die ADD ON generieren wollte, haben sie bereits. Letzte Woche durften sie schon bei MTV ihre Lippen zur Musik bewegen. Im d.o.c.h-Bandblog finden sich Artikel mit über zweihundert Kommentaren. Schaut man sich das bei geschickt bei Youtube platzierte Video zu „Was ind er Zeitung steht“ sieht man zwar drei junge Menschen, meint aber die markannte Stimme von Boris Lauterbach Martin (Doktor Renz) (Danke, Sascha) von Fettes Brot zu hören. Offensichtlich trügt die Wahrnehmung nicht. Die Wikipedia weiss zu d.o.c.h. zu berichten:

Bereits im Januar 2006 kündigten Fettes Brot an, mit ihrem Label die „Power-Pop“-Band D.O.C.H.! unter Vertrag zu nehmen. Es handele sich dabei um drei 17-jährige Berliner mit Namen Boy, Paolo und Typ. Es folgten Meldungen über eine erste Single-Veröffentlichung und eine Ungarn-Tour im April, sowie über die Veröffentlichung des Albums im September. Als die Single Was in der Zeitung steht erstmals in Radio und Musik-Fernsehen gespielt wurde, stellte sich heraus, dass es sich dabei um das selbe Lied handelt, das bereits auf der Maxi-CD „An Tagen wie diesen“ von Fettes Brot als B-Seite zu hören war.

Fassen wir also zusammen: Die ins HipHop-Seniorenalter gekommenen Herren von Fettes Brot erschliessen sich neue Märkte – durch Diversifizierung (neues Genre: kinderkompatibler Pop) und Zweitverwerung (das Potential einer B-Seite mal richtig ausschöpfen). Zielgruppe: Menschen ab 6, die auf ihrem MP3-Player sonst nur noch Songs von Tokio Hotel und Silbermond haben, erfolgreich below the line kommuniziert.

Respekt.

Veröffentlicht von Andreas

Andreas Schepers leitet die Kommunikation des Berliner Labors des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz, DFKI. Hier schreibt er privat über Dinge, die ihn interessieren: Astronauten, Pop, etc... und KI.

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33 Kommentare

  1. humor ist für den bauchspeck überhaupt nicht gut.
    durch die lachvibration erhitzt sich das fettgewebe und kann zu akutem fettgewebeschnalzen führen.

    von daher ist humorlos meine erste pflicht, die ich schon morgens nach dem aufstehen befolge.

    worüber lachen sie denn genau?

  2. Viel spannender die Frage: Wer bekam die Credits auf der B-Seite und wer singt wirklich? Haben die Brote doch eigentlich nicht nötig, solche Albernheiten.

  3. sacht mal. bin ich jetzt beknackt oder ihr? da schaltet jemand webung und bezahlt dafür. zudem eine werbung, die extrem gut zum bildblog passt. whre the heck is the problem? soll bildblog kein geld verdienen? und wollt ihr keine geile musik hören? wie wär’s mit banner-geballer und goleo-scheisse überall? checkt das jemand ausser mir?

  4. @Doofi: Darum geht es doch gar nicht. Bezahlte Werbung ist eine prima Sache. Bildblog zeigt das Video als Anzeige, alles super. Mein Punkt ist lediglich, dass die Musikindustrie auch in D’land anfängt, auf Blogs als below-the-line Marketingtools zu setzen.

    Ob das Verwirrspiel, was die Brote da treiben, jetzt lustig ist oder nicht und ob die Musik was taugt, ist eine andere Frage.

    Ich persönlich fühle mich dem Brote/d.o.c.h.-Alter inzwischen entwachsen. ;)

  5. @ andreas: regt sich eigentlich irgendjemand darüber auf, das zb spreeblick.de sich zb von den beiden total unterträglichen ohrbooten und toten hosen bezahlen lässt? also — längst geschehen und längst auf einem ganz ganz andern level als in dem bilblog.de fall. und bei spreeblick auch nicht unbedingt als „anzeige“ gekennzeichnet, sondern als content eingebaut…

  6. @ andreas: also, ich kenne einige blogger, die sich damit sehr wohl fühlen würden, als below-the line-amrketing-toll endlich einmal wahr genommen zu werden. das ist doch leider wieder die schizophrene debatte von underground und ausverkauf – davon leben können und wollen und sich nicht prostituieren – als stimme wahr und ernst genommen zu werden und das auch bezahlen zu können etcetc. da macht man echt ein fass auf.

    ps: zu einem der vorredner. die brote sind nun gerade nicht „die musikindustrie“ sondern betreiben ein eigenes kleines independent-label und unter http://www.fettesbrot.de auch schon lange ein eigenes blog.

  7. Hmm, immer ist die Rede von „Die Musikindustrie“ – immer wird draufgeprügelt, immer sind die die Bösen. Es kommt niemand auf den Gedanken (oder nicht mehr), dass es „Die Musikindustrie“ so allgemein gesprochen gar nicht gibt. Mal zur Erinnerung, es ist zwar vollkommen richtig, dass nur 3 große Firmen hier in Deutschland 80% des Marktes ausmachen und es auch genau diese sind, die ihre Kunden als Verbrecher bezeichnen. Was dann allerdings regelmäßig ausgeblendet wird, ist die Tatsache, dass die restlichen 20% des Marktes 50% aller erschienen Tonträger in Deutschland veröffentlichen. Und diesen Leuten tretet ihr mit solchen pauschalisierende Artikeln genauso in die Eier, wie den wirklich „Bösen“.

    Btw. soll jetzt nicht heissen, das ich die Vorgehensweise von Add On (Hallo Matthias) oder diese Band gut finde. Ganz im Gegenteil – aber das dann wieder als Anlass zu nehmen, generell und pauschal loszuwettern, ist mehr als nur unfair.

    Und auf „das Blog-Dingens“ werden noch viel mehr Musikagenturen aufspringen, das ist nur eine Frage der Zeit.

  8. @Dirk:

    Das stimmt so nicht. Sowohl die Ohrbooten- als auch die Hosen-Aktionen waren ganz klar als Sponsoring gekennzeichnet.

    (Disclaimer: Du weisst, dass ich auch bei Spreeblick schreibe?)

  9. @Falk:

    Ich meine, im meinen Artikel gar nicht so reflexhaft auf die „Industrie“ eingeprügelt zu haben.

    Wie ich schon oben kommentierte, NEU ist, dass Promoter aktiv auf Blogger zugehen, Ihnen Promomaterialanbieten und hoffen, dass sie dann darüber berichten.

    Ich hab überhaupt nix gegen die Industrie. Gegen die Musikindustrie schon gar nicht ;)

  10. @ Andreas: Bezog sich auch weniger auf dich. Aber du selbst siehst und weisst ja, welchen Einfluss du auch auf deine Leser hast. Und der Pingback enthielt prompt die Worte „Scheiss Musikindustrie!“ Das Problem ist nur, dass man diesen Graben gar nicht mehr zu überbrücken schafft. Auf der einen Seite die Künstler und Label, die das Internet völlig unterschätzt haben – auf der anderen Seite der potentielle Kunde, den bestimmte Dinge nur noch nerven. Musik verkam durch beide Seite zum Wegwerfartikel und die Rechnung bezahlen jetzt alle gemeinsam.

  11. @ dirk: dass du bei spreeblick schreibst, ist mir egal – du hast die debatte hier schliesslich losgetreten und musst da dadurch, dass zurückgetreten wird ;)
    dann habe ich ja sozusagen einen wunden punkt getroffen und du darfst dir damit gern an die eigene nase fassen, dabei bleib ich.

    also nun ja erst recht — wo siehst du das problem auf bildblog.de?? jetzt erst recht??? wo ist der unterschied?? und sag mir BITTE NICHT, ohrbooten seien kredibler als eine vermeindliche fettes brot fake band.

  12. @dirk: nee, kein wunder punkt.

    noch einmal: es ist kein problem, dass jemand fuer werbung zahlt. wunderbar. will ich auch. hätten sie mich gefragt, hätte ich ihnen gerne platz auf meinem kleinen bescheidenen blog verkauft.

    die hosen mag ich persoenlich nicht, ob die ohrbooten kredibler sind als andere, vermag ich auch nicht zu sagen.

    mir ging es lediglich darum, darauf hinzuweisen, dass es kein zufall ist, dass bildblog jetzt mit der anzeige um’s eck kommt und dass hier fettes brot sich einen spass erlauben.

  13. Ich will ja nicht nerven, aber was Du da oben schreibst, das klingt doch irgendwie ganz anders, als wolltest Du eine Albernheit von Fettes Brot erklären.

  14. was ist denn an „scheiss musikindustrie“ genau falsch?
    und damit sind immer die großen gemeint. die kleinen fische interessieren schliesslich in der debatte um den bürgerrechtsfeindlichen-lobbyismus der musikindustrie nicht.

    die musikindustrie (nicht die kleinen handwerker!) haben jahre lang geschlafen, nu sind se wach und gängeln den verbraucher, also auch mich, munter weiter.

    scheiss musikindustrie ist definitiv noch weit weit untertrieben.

  15. @ „weltherrscher“: wenn du zwischen den „grossen“ und den „kleinen fischen“ tatsächlich unterscheiden würdest, wie du hier suggerierst, würdst du in deinem blog mit sicherheit nicht derart abätzen, wie dus ja tust!
    fettes brot sind so ungefähr der allerkleinste fisch, den man sich vorstellen kann – die sind bei keinem majorlabel sondern machen alles selbst. die kunst des differenzierens.

  16. ja so ist’s im leben, die einen hetzten über brote die anderen über blogger. und?

    ich kann nichts dafür das ich milli vanilli geschädigt wurde?
    ich kann auch nichts dafür, dass die aktion gerade irgendwie danach riecht, wie oben im artikel beschrieben.

    die brote sind mir übrigens wurscht, höre ich nicht.
    sollte ich vielleicht mal, aber solche aktionen behindern sowas eher.

    und ich suggeriere nicht, sondern ich „meine“. das ist doch ein feiner unterschied.
    musikindustrie = die großen propagandisten.
    die anderen = das handwerk.

    auch ein feiner unterschied. wenn die brote aber die mittel der großen nehmen, um kleine fische zu ködern, ihr problem, nicht meins.

  17. Manueller Trackback:
    Wo genau war nochmal das Problem? Daß das Bildblog diese Anzeige aufgrund der „Vermarktungsmaschinerie der Plattenindustrie“ schaltet, und alternde HipHop-Stars die angesagte Plattform nur nutzen, um auf Wellenlänge der Blogger zu kommunizieren? Daß eine B-Seite mit gecasteten Gesichtern „zweitverwertet“ wird, um an das Taschengeld von Kindern zu kommen oder gleich die Kommerzialisierung von Klein-Bloggersdorf?

    http://www.elfengleich.de/index.php?log_id=704

  18. „was ist denn an “scheiss musikindustrie” genau falsch?“ – genau das, das die meisten Menschen den Unterschied eben nicht kennen. Klar darf man das sagen (tu ich auch), aber ich finde man sollte es dann eben immer(!) auch erklären – _leider!_

  19. @falk
    eigentlich sollte doch jedem halbwegs regelmässigen unternetuser klar sein, worum es geht?
    wozu noch erklären…

    und wer es jetzt noch nicht weiß, der wirds spätens gleich wissen.
    gerade im internet kann doch nun jeder erkennen, wie falsch die moral DER musikindustrie ist.

    „…aber ich finde man sollte es dann eben immer(!) auch erklären – _leider!_ …“

    ist das ein erhobener zeigefinder?
    *lol*

  20. „…meint aber die markannte Stimme von Boris Lauterbach von Fettes Brot zu hören…“

    Ähm…markante Stimme von Boris?
    Bitte etwas besser rechachieren. Oder wenn man sich mit der Band nicht so auskennt, lieber den Kommentar lassen.
    Das ganze wird von Martin (Doktor Renz) gesungen…

  21. „ist das ein erhobener zeigefinder?“

    Nö, nur der Hinweis, dass ich die meisten Internetnutzer eben vielleicht doch nicht ganz für so schlau halte, wie du. Wär schön, wenn meine Annahme falsch wäre.

    „wozu noch erklären…“

    Doch doch, das finde ich wichtig. Immer und immer wieder, damit die Verhältnisse eben auch jedem klarwerden und/oder damit auch der letzte mal merkt, wie er von diversen Firmen auf gut deutsch verar**** wird.

    Wobei ich letzteres jetzt mal fairerhalber der Hamburger Promoagentur _nicht_ unterstelle. Gut ausgedacht, gut umgesetzt und es wird diskutiert – Ziel erreicht.

    Wir sind zwar bisschen weit vom eigentlich Thema weg – aber da kann man ja mal drüber reden. (mit Augenzwinkern zum Chrisfried: Ob ich Probleme dabei habe oder hier schmunzelnd vorm PC sitze, weisst du leider auch nicht, gelle?)

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